VW-Abgasskandal – Schadensersatz – nicht für alle?
Mit seiner Entscheidung vom 25.05.2020 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche gegen den VW-Konzern zustehen (BGH v. 25.05.2020, XI ZR 252/19). Hierbei muss sich der Käufer jedoch Abzüge für die gezogenen Nutzungen gefallen lassen, wobei sich der Abzug je nach Modell auf der Basis von 250.000 oder 300.000 Kilometer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs ermittelt. Maßgeblich ist die Laufleistung, wie sie vom Gericht der jeweiligen Instanz festgestellt wird.
Am 30.07.2020 hat der Bundesgerichtshof weitere Fragen in diesem Zusammenhang entschieden. Zum einen stellt der BGH klar, dass Käufer nach Bekanntwerden des Abgasskandals im Herbst 2015 damit rechnen mussten, dass sie keine den Vorgaben entsprechenden Kraftfahrzeuge erwerben, weshalb ein Anspruch wegen Täuschung und vorsätzlich sittenwidriger Schädigung ausscheidet.
Es wurde auch klargestellt, dass ein späteres Software-Update den Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, somit wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung, nicht ausgleicht.
Der Anspruch auf Kreditzinsen ab Zahlung des Kaufpreises, wie er von vielen Landgerichten und Oberlandesgerichten zugesprochen wurde, lehnt der BGH ab. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Fahrzeugnutzer, welche eine hohe Laufleistung haben, keinen Schadensersatzanspruch bekommen, ganz im Gegensatz zu denjenigen Fahrzeugkäufern, deren Fahrzeuge über einen langen Zeitraum nur eine sehr geringe Kilometerleistung aufweisen.
Der Bundesgerichtshof argumentiert damit, dass im Gegensatz zu sonstigen „Täuschungshandlungen“ die Geschädigten die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit der Kraftfahrzeuge hatten, was den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes kompensiert.
Im Fall des Kaufs eines Gebrauchtfahrzeugs im auf den nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals folgenden Jahr (2016) ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kein Raum mehr für Arglosigkeit, da man der Beklagten (VW) ein darauf gerichtetes Verhalten nicht mehr vorwerfen kann. Sie hat ihr Verhalten geändert und publik gemacht.
Für all diejenigen, welche nicht bis zum 31.12.20218 ihre Ansprüche geltend gemacht haben, sondern erst im Jahre 2019, stellt sich nach wie vor die Frage der Verjährung. Dies ist seitens des Bundesgerichtshofs noch nicht entschieden. Aufgrund der derzeitigen Positionierung des BGH kann es indes nicht überraschen, wenn auch diese Anspruchsteller aufgrund von Verjährung leer ausgehen.
Im Ergebnis gilt es nunmehr insbesondere für diejenigen Verbraucher, welche an der Musterfeststellungsklage teilgenommen haben, aber den angebotenen Vergleich nicht akzeptierten, ihr zukünftiges Verhalten auf Basis der Entscheidungen des BGH erneut zu überdenken.
Rechtsanawalt